Vom 10. bis 11.10.2014 trafen sich die Mitglieder des FDP Bundesfachausschuss Medien, Internet und digitale Agenda zu ihrer 2. Sitzung in der FDP-Bundesgeschäftsstelle in Berlin. Nach Begrüßung der Mitglieder und Gäste folgte die Einführung ins Tagungsprogramm durch den Vorsitzenden, Hans-Joachim Otto.
Anschließend folgte der Vortrag von Nicola Beer, Generalsekretärin der Bundes-FDP. Frau Beer lobte das zahlreiche Erscheinen der ehrenamtlichen Ausschuss-Mitglieder und hob die besondere Rolle der Bundesfachausschüsse bei der Erarbeitung eines neuen liberalen Leitbildes der FDP hervor. Frau Beer stellte anschließend die Auswertung der Mitgliederumfrage vom Sommer vor und skizzierte erste Ansätze, an welcher Stelle sich die FDP in der politischen Landschaft positionieren kann.
Herr Otto fügte ergänzend hinzu, dass sich der Bundesvorstand nicht für Schnellschüsse entschlossen habe. Erst müsse die FDP strategisch auf eine solide Basis gestellt werden, bevor man mit neuen politischen Konzepten an die Öffentlichkeit geht. Eine wichtiges Element der neuen Strategie sind die Leitbild-Botschafter, die die liberalen Gedanken in der Fläche verbreiten sollen.
Aktuelles zum Thema Leistungsschutzrecht
Anschließend folgte das erste „Internet-Thema“: Aktuelle Entwicklungen beim Leistungsschutzrecht. Dieses Thema wurde kurzfristig ins Programm genommen, da sich hier neue Entwicklungen abzeichnen. Der Fachausschuss hatte die Möglichkeit, beide Seiten (Google vs. VG Media) im direkten Austausch zu hören.
Zum Hintergrund: Laut Leistungsschutzrecht, muss ein Suchmaschinen-Anbieter die Presseverlage bezahlen, wenn er mit Links und kurzen Textausschnitten, auf Inhalte der Verlage verweist. Nur „einzelne Wörter und kleinste Textausschnitte“ dürfen lizenzfrei genutzt werden. Google hat nun bekanntgegeben, dass es Verlage, die nach dem Leistungsschutzrecht von Google bezahlt werden wollen, nur noch mit Titel und Link in Google News darstellen möchte. Verlage, die auf diese Abgabe verzichten, werden in Google mit Titel, Text (Snippet), Vorschaubild und Link präsentiert. Die Verlage, die in der VG Media organisiert sind (u.a. Axel Springer, Burda, Funke, Madsack und M. DuMont Schauberg) fühlen sich von dem Vorgehen erpresst und möchten nun gerichtlich klären lassen, ob Google von einzelnen Anbietern mehr Inhalte anzeigen lassen darf, als von anderen. (siehe dazu: Google dampft Links auf manche Verlagsinhalte ein, zeit.de)
Dem Fachausschuss stellten sich Vertreter beider Lager zur Diskussion. Zuerst erläuterte Jan Kottmann, Leiter Medienpolitik Google Deutschland die Sicht von Google. Laut Kottmann stand für Google in erster Linie die Umsetzung der Rahmenbedingungen im Vordergrund. Man habe sich mit einzelnen Verlagen verständigt. Diejenigen die keine Zahlungen für das Anzeigen der Beitragsauszüge nehmen wollen, werden weiterhin unverändert angezeigt. Bei den Verlagen, die auf die Zahlungen bestehen, hat man die Anzeige auf die Minimal-Variante (verlinkter Titel) runtergefahren.
Die VG-Media-Seite, vertreten durch Frau Dr. Christine Jury-Fischer und Dr. Christian-Henner Hentsch sieht hier eine Ungleichbehandlung einzelner Verlage durch Google. Google habe eine Monopol-Stellung und nutze diese aus, um keine Zahlungen für die Anzeige von urheberrechtlich geschützten Material leisten zu müssen.
Die 1&1 Internet AG, die auch von den Verlagen zur Zahlung aufgefordert wurde, hat aufgrund der unsicheren Lage die anfragenden Verlage aus ihren Suchergebnissen ausgelistet.
Anschließend folgte eine heftige Diskussion in der die unterschiedlichen Standpunkte von Autoren, Herausgebern und Nutzern offen aufeinander trafen. Das Leistungsschutzrecht in der jetzigen Form wird sicher noch häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen.
Beim 2. Fachthema des Tages „Sucht Google neutral? Brauchen wir ein EU-Marktmissbrauchsverfahren?“ ging es um die Monopolstellung von Google in der Internet-Suche und den angrenzenden Bereichen. Dazu präsentierte Robert M. Maier, Managing Director Visual Meta GmbH anschaulich, wie Änderungen bei Google zu starken Umsatz-Änderungen bei Internet-Firmen führen. Maier mutmaßte, dass Google in der Suche gezielt gute, inhaltsreiche Inhalte schlechter darstellt als Inhalte/Dienste von Google. Laut Maier ist das ein Weg, wie Google Dienste im Netz etablieren möchte und um sich weitere Geschäftsfelder zu erschließen. Dem widersprach erwartungsgemäß Jan Kottmann, Leiter Medienpolitik Google Deutschland. Laut Kottmann zeigt Google Inhalte aufgrund der Suchrelevanz der User an. Dazu stehen dem Google-Algorithmus 200 Parameter zur Verfügung. Außerdem werden vom Google-Entwicklerteam Test durchgeführt, um für den User das beste Suchergebnis zu liefern. Laut Kottmann wird auch niemand gezwungen Google zu nutzen. Es gibt weitere Suchmaschinen und wenn Google die User durch verfremdete Suchergebnisse beeinflussen würde, könnten diese mit einen Klick zu anderen Suchmaschinen abwandern. Anschließend wurde zu diesen Thema in großer Runde diskutiert.
Das abschließende Tages-Thema „Das Recht auf Vergessenwerden – Gewinn für die Individualsphäre, Niederlage für die Informationsfreiheit?“ wurde von Prof. Dr. Hubertus Gerstorf, Uni Rostock eingeleitet. Herr Gerstorf führte die Teilnehmer in das jüngst erlassene Urteil „Recht auf Vergessenwerden“ mit einer anschaulichen Präsentation ein. Anschließend diskutierte die Runde mit Jan Kottmann, Leiter Medienpolitik Google und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zum Thema. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gehört seit diesen Jahr einen achtköpfigen Beirat mit externen Experten aus europäischen Ländern an, den Google als Reaktion auf Kritik an der Umsetzung des EuGH-Urteils zum Recht auf Vergessenwerden ins Leben gerufen hat. Dieser Beirat soll Google zur Erarbeitung eines Lösch-Leitfadens beraten.
Am 2. Tag der Veranstaltung stand das Thema „Digitale Agenda = Gründer-Agenda? Stimmen die Rahmenbedingungen für Start-Ups in Deutschland?“ auf der Tagesordnung. Dazu referierte Florian Nöll, Bundesvorsitzender Deutscher Start-up-Verband. Für Herrn Nöll liest sich die digitale Agenda der Bundesregierung im ersten Schritt gut, inhaltlich biete sie viele Schwächen und bleibt unkonkret in der praktischen Umsetzung. Er bezeichnete es mit „Zuviel German Angst und zu wenig German Mut“. Grundsätzlich bedauerte er die für Gründer und Startups ungenügenden Startbedingungen. In sehr vielen Ländern sind die Rahmenbedingungen deutlich besser. Als Beispiel nannte er z.B. den Dienst „Uber“, der bevor er sich auf dem Markt präsentieren kann, von politischen Interessengruppen bekämpft wird. So wird Europa und Deutschland immer mehr zum Bremser für Innovation.
Als vorletztes Thema stand die Erarbeitung einer „Liberalen Digitalen Agenda“ auf dem Tagungsprogramm. Dazu führte der stellvertretende Vorsitzende des BFA Volkmar Eich ein. Anschließend diskutieren die Teilnehmer, welche Inhalte und Dinge die BFA für die Bundespartei „erarbeiten“ soll. An sich eine Herkules-Aufgabe, da unter das Thema „Digital und Internet“ viele Bereiche fallen, die für Laien schwer verständlich sind und sich im politischen Alltag noch schlechter „verkaufen“ lassen. Die BFA hat nun die Aufgabe zu diesen Themen liberale Konzepte, ToDos und Lösungsansätze zu liefern.
Abschließend wurde die liberale Arbeitsplattform „meine freiheit“ von Thomas Diener, FDP Bundesgeschäftsstelle vorgestellt. Die unter www.meine-freiheit.de erreichbare Seite bietet eine geschlossene Plattform (Gruppen), die es liberalen Organisationen (Landesverbände, Kreisverbände, Vorfeldorganisationen) ermöglicht, Online-Arbeit strukturiert abzulegen. Herr Diener stellte die einzelnen Bausteine vor. Ein besonderer Menüpunkt finden FDP-Mitglieder unter „Leitbild“. Hier können sich FDP-Mitglieder direkt an der programmatischen Arbeit der FDP beteiligen.
Am Nachmittag ging der 2. FDP Bundesfachausschuss Medien, Internet und digitale Agenda mit abschließenden Worten des Vorsitzenden Hans-Joachim Otto zu Ende.
Autor: Thomas Mergen, Internetbeauftragter FDP Sachsen-Anhalt